Hintergrund
Zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie wurden vor allem Fallberichte mit typischen lungensonographischen Befunden einer COVID-19-Pneumonie, im Sinne einer viralen Pneumonie, beschrieben [2]. Die Verwendung von Lungenultraschall (LUS) als ein Point-of-Care-Tool zur Diagnostik und zum Management von Patienten mit vermuteter SARS-CoV-2-Infektion wurde im Verlauf empfohlen [3, 4]. Der LUS wird vor allem bei akutem respiratorischen Versagen zur Diagnose eines Pneumothorax, einer akuten kardialen Dekompensation und einer Lungenembolien verwendet, wobei auch ein großer Stellenwert bei bakteriellen und viralen Pneumonien beschrieben wurde [5, 6].
Der PCR-Test als Goldstandarddiagnostikum hinsichtlich einer SARS-CoV-2-Infektion dauerte – vor allem zu Beginn der Pandemie – teils mehrere Stunden bis Tage. Mittels LUS hingegen könnte durch die unmittelbare, bettseitige Diagnostik eine rasche Aussage ermöglicht werden und damit gegebenenfalls auch Infektionsrisiken innerhalb der stationären Versorgung zu reduziert werden.
Methoden
Während der Pandemievorbereitungen wurde im Universitätsnotfallzentrum des Universitätsklinikums Freiburg LUS als Teil der routinemäßigen Diagnostik bei Patienten mit vermuteter SARS-CoV-2-Infektion etabliert.
Das ärztliche Notaufnahmeteam wurde bis Ende März hinsichtlich LUS bei Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion trainiert, wobei ein standardisiertes Protokoll etabliert wurde, um COVID-19-typische Lungenveränderungen zu detektieren (Tab. 1).
Ein 12-Zonen-Modell mit 2 anterioren, 2 lateralen und 2 posterioren Zonen, die jeweils durch die parasternale, vordere und hintere Axillarlinie und die Lungenmitte getrennt wurden, kam zur Anwendung.
Patienteneinschluss und Datenanalyse
Für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 25.04.2020 wurden in der Notaufnahme retrospektiv Patienten mit respiratorischen Symptomen eingeschlossen. Die Patientenakten wurden bezüglich der Symptome, Vorerkrankungen, Laborwerte, PCR-Ergebnisse, durchgeführten CT-Untersuchungen, LUS und Überleben nach 4 Wochen analysiert.
Drei Experten mit Erfahrung im LUS reevaluierten die Ultraschallbefunde. Die Experten waren dabei zu allen klinischen Informationen und Befunden verblindet. Anhand der typischen LUS-Befunde (Tab. 1) wurde bewertet, ob eine COVID-19-Erkrankung vorliegen könnte. Bei Differenz zwischen den Experten erfolgte eine gemeinsame Evaluation mit anschließender Einigung auf eine Diagnose. Das Ergebnis der LUS wurde mit den PCR-Ergebnissen korreliert.
Ergebnisse
Während der Studienperiode wurden 203 Patienten mit respiratorischen Symptomen behandelt. 68 (33,5 %) Patienten mussten aufgrund fehlender LUS ausgeschlossen werden. In die Analyse wurden 135 (66,5 %) Patienten eingeschlossen. 39 (28,9 %) dieser Patienten wurden positiv auf eine SARS-CoV-2-Infektion getestet.
Nach der Analyse des LUS wurde bei 52 (38,5 %) Patienten eine COVID-19-Erkrankung postuliert. Im Vergleich zum PCR-Ergebnis ergab sich hieraus eine Sensitivität von 76,9 % mit einer Spezifität von 77,1 %, einem positiven prädiktiven Wert von 57,7 % und einem negativen prädiktiven Wert von 89,2 %.
Es erfolgte eine weitergehende Analyse der Patienten, bei denen lungensonographisch eine COVID-19-Erkrankung vermutet wurde, die aber einen negativen PCR-Test aufwiesen (n = 22). In 16 Fällen wurden aufgrund der Patientenakte folgende alternative Diagnosen, die die lungensonographischen Befunde erklären konnten, gefunden: Lungentumor (n = 5), andere Infektionen (n = 4), dekompensierte Herzinsuffizienz (n = 3), Lungenembolie (n = 3) und Lungenemphysem mit Atelektase (n = 1).
Diskussion
LUS ist bereits ein etabliertes Diagnostiktool in der Notaufnahme. Schon früh während der SARS-CoV-2-Pandemie wurde LUS empfohlen, jedoch waren zum Zeitpunkt dieser Studie nur Fallserien und keine hochwertigen Studien zum Stellenwert des LUS bei COVID-19-Erkrankungen publiziert. Mittlerweile gibt es mehrere Studien, die den Stellenwert der Lungensonographie bei der Diagnostik einer COVID-19-Pneumonie ebenso betonen [7, 8]. Die sonographischen Zeichen einer COVID-19-Pneumonie ähneln dabei anderen viralen Pneumonien.
Die hier vorgestellte Studie nutzte LUS, um alle Patienten mit respiratorischen Symptomen hinsichtlich einer SARS-CoV-2-Infektion zur untersuchen. Es wurden keine Patienten mit vorbestehender Lungen- oder Herzerkrankung aus der Analyse ausgeschlossen, damit konnte die Realität in einer Notaufnahme mit gleichzeitig auftretenden Erkrankungen während einer Pandemie abgebildet werden. Unter diesen Begebenheiten erreichte LUS eine moderate Sensitivität (76,9 %) und Spezifität (77,1 %) mit einem hohen negativen prädiktiven Wert (89,2 %).
Weiterhin kann mit LUS nur eine Aussage bezüglich einer SARS-CoV-2-Infektion bei gleichzeitiger Lungenbeteiligung getroffen werden. Er ist also nur sinnvoll einsetzbar als Screeningtool bei Patienten mit respiratorischen Symptomen.
Die Ergebnisse des LUS wurden im Rahmen der Studie isoliert ohne Kenntnisse der Umstände, des klinischen Bilds oder der Vorerkrankungen beurteilt. Im Alltag – würde die Lungensonographie im klinischen Kontext und durch den behandelnden Arzt interpretiert werden. Dennoch gelang es, trotz der ausschließlich bildbasierten Analyse eine akzeptable Sensitivität und Spezifität zu erreichen.
Dieser Aspekt wird auch durch eine andere Arbeit bestätigt, die bei der Interpretation der LUS hinsichtlich einer COVID-19-Pneumonie eine Unterteilung von Patienten vorschlägt, wobei vor allem bei Patienten mit kardiorespiratorischen Vorerkrankungen die sonographischen Befunde mit Vorsicht interpretiert werden sollten [9]. In einer großen multizentrischen Studie konnte mittlerweile gezeigt werden, dass die Kombination aus den lungensonographischen Befunden und den klinischen Phänotypen schnell Patienten mit einer COVID-19-Pneumonie identifizieren kann [10].
In Anbetracht der Pandemie stellte sich die Lungensonographie als ein breit verfügbares und günstiges Diagnostikinstrument dar, um Patienten mit vermuteter SARS-CoV-2-Infektion und respiratorischen Symptomen in der Notaufnahme zu evaluieren. Jenseits der Notaufnahme könnte die Lungensonographie auch Anwendung im ambulanten Bereich wie auch im notärztlichen Dienst finden, um potenzielle COVID-19-Pneumonien zu erkennen.
Literatur
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Volpicelli G, Gargani L (2020) Sonographic signs and patterns of COVID-19 pneumonia. Ultrasound J 12(1):22
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Interessenkonflikt
B. Schmid und D. Feuerstein geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien: Für die ursprüngliche Studie wurden Untersuchungen am Menschen durchgeführt, diese waren durch ein Ethikvotum der Ethikkommission der Universität Freiburg gedeckt. Es handelte sich auch um eine retrospektive Untersuchung. Das Ethikvotum ist in der Originalarbeit von Schmid B, Feuerstein D et al (2020) ersichtlich.
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Redaktion
Michael Buerke, Siegen
Diese Publikation basiert auf der Originalarbeit Lung ultrasound in the emergency department – a valuable tool in the management of patients presenting with respiratory symptoms during the SARS-CoV‑2 pandemic von Schmid B, Feuerstein D et al.; BMC Emergency Medicine (2020) 20:96 [1]. Die zusammenfassende Darstellung in deutscher Sprache erfolgt aufgrund der Verleihung des Forschungspreises Notfallmedizin der DGIIN für oben genannte Publikation. Daher gibt es Überschneidungen und ähnliche Formulierungen in dieser Kurzübersicht.
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Schmid, B., Feuerstein, D. Lungenultraschall – nichtinvasives Werkzeug zum Management von Patienten in der Notaufnahme mit respiratorischen Symptomen während der SARS-CoV-2-Pandemie. Med Klin Intensivmed Notfmed 116, 537–539 (2021). https://doi.org/10.1007/s00063-021-00840-1
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