Hintergrund und Hypothesen

Schwere Verläufe von COVID-19 sind in bis zu 20 % der Patienten zu beobachten. Während zu Beginn der Pandemie die eingeschränkte Lungenfunktion bis hin zum ARDS („acute respiratory distress syndrome“) im Vordergrund stand, zeigen neuere Untersuchungen, dass das Virus zu Schäden im ganzen Körper führt und besonders das Endothel, welches alle Blutgefäße im Körper auskleidet, in Mitleidenschaft gezogen wird [3]. Veränderungen im Endothel zeichnen sich aus, durch eine erhöhte Gefäßpermeabilität mit Ödembildung, die Einwanderung von Leukozyten in das umliegende Gewebe und eine generalisierte vaskuläre Entzündung (Endotheliitis), welche pathophysiologisch zu Problemen bei Perfusion, Oxygenierung und Gerinnung führt [2]. Die damit verbundenen Mikrozirkulationsstörungen können letztendlich zum Multiorganversagen führen [5]. In der geplanten Studie wird der Effekt von FX06 auf die zugrunde liegende endotheliale Dysfunktion untersucht. FX06, ein Peptid, welches Teile der Fibrinogensequenz enthält, hat schon in verschiedenen Modellen mit pathologisch erhöhter Gefäßpermeabilität eine protektive Wirkung gezeigt. So wurde während des Ebola-Ausbruchs in Westafrika ein schwer erkrankter Patient im Rahmen eines Heilversuchs in Frankfurt mit FX06 behandelt [4]. Die gute Verträglichkeit von FX06 wurde bereits in einer früheren Studie in einer anderen Indikation nachgewiesen [1]. In ersten Heilversuchen an schwersterkrankten COVID-19-Patienten gab es erste Hinweise zur Verbesserung der Lungenfunktion [6]. In der geplanten Studie soll nun untersucht werden, ob die endotheliale Dysfunktion, die nicht nur in der Lunge zu ARDS führen, sondern auch andere Organe schwer schädigen kann, durch FX06 positiv beeinflusst wird.

Details der Studie

Die multizentrische, placebokontrollierte Studie schließt mechanisch beatmete Patienten mit einem schweren Verlauf von COVID-19 und einem Horovitz-Index <300 mmHg ein.

FX06, ein Peptid, welches bereits in einer Phase-II-Studie bei mehr als 100 Patienten den Reperfusionsschaden nach einem Myokardinfarkt verringern konnte [1], wird über mehrere Tage i.v. appliziert, und als primäre Endpunkte werden der Horovitz-Index und die Anzahl an Tagen unter mechanischer Beatmung bestimmt. Verschiedene sekundäre Endpunkte umfassen u. a. Lungenfunktionsparameter, Entzündungsparameter z. B. IL‑6, CRP, Verhinderung von Organversagen, Entwöhnung von mechanischer Beatmung, Nierenfunktion, Aufenthalt in der Intensivstation und Mortalität.

Die Behandlungsdauer beträgt 7 Tage; die Nachbeobachtung erfolgt bis Tag 28 oder Entlassung aus der Intensivstation.

Die Studie wird durch das Fraunhofer-Institut (TMP) Frankfurt koordiniert und umfasst ferner einen explorativen Teil, bei dem mithilfe von „machine learning“ und künstlicher Intelligenz ein Biomarkerprofil für Risikofaktoren sowie ein Mikrobiomprofil erstellt werden.

Mitwirkung

Die Studie wird in 3 Zentren d. h. in Frankfurt, Würzburg und Wien, durchgeführt.

Statistik

Die explorative Studie untersucht in einer 2:1-Randomisierung an insgesamt 42 Patienten die Wirkung von FX06 bei schweren Fällen von COVID-19.

Ethik

Die Studie folgt der Deklaration von Helsinki und wird unter „good clinical practice“ unter Beachtung nationaler und internationaler Vorschriften durchgeführt. BfArM und AGES sowie unabhängige Ethikkommissionen in den beteiligten Studienzentren gewährleisten die Qualität der Studie.

Meilensteine

  • Juli/August 2020: Einreichung der Unterlagen bei der federführenden Ethikkommission Frankfurt,

  • Herbst 2020: Einreichung beim BfArM und Behörden in Österreich,

  • Winter 2020: Einschluss 1. Studienpatient.

Die Studie erfolgt unter einem adaptiven Design mit der Möglichkeit, die Pilotstudie zu einer konfirmatorischen Studie zu erweitern.

Studiengruppe/Expertise

Die Studie wird unter der Leitung von Prof. Zacharowski in 3 Zentren (Frankfurt, Würzburg und Wien) durchgeführt. Studienkoordination und Projektmanagement erfolgen durch das Fraunhofer-Institut Frankfurt (TMP).

Sponsor/Finanzierung

Sponsor der Studie ist das Wiener Biotech Unternehmen F4 Pharma GmbH, welches auch die Finanzierung absichert.

Link zur Studienbeschreibung der DGAI